Als Teenager leidet sie unter schweren Angstzuständen und zieht sich immer mehr aus dem Alltag zurück. Heute gehört Nikita Ducarroz, 28, zur Weltspitze im BMX-Freestyle. Kaum jemand ahnt, welch persönlicher Weg hinter ihrem sportlichen Aufstieg steckt. Mit 14 findet sie durch das BMX-Rad zurück ins Leben. Inzwischen ist sie nicht nur Olympia-Bronzemedaillengewinnerin, sondern auch eine wichtige Stimme für mentale Gesundheit – und ein Vorbild für eine neue Generation von Fahrerinnen, das zeigt auch ihr Portrait im «The Red Bulletin».
Bei der Weltmeisterschaft 2022 trifft Ducarroz auf die damals elfjährige Miharu Ozawa aus Japan. Obwohl es eine Sprachbarriere zwischen den beiden gibt, verstehen sie sich auf Anhieb – Leidenschaft fürs BMX verbindet sie. Miharu ist schon als Kind viral gegangen, aufgrund der für ihr Alter verrückten Tricks, die von der Japanerin auf den sozialen Medien veröffentlicht wurden. Nach dem Turnier trainieren die beiden zwei Wochen lang gemeinsam in North Carolina. «Miharu ist sehr schüchtern. Doch auf dem Bike kam alles aus ihr heraus. Sie machte Dinge, die wir bei einem Mädchen noch nie zuvor gesehen hatten», erzählt der BMX-Star.
Ducarroz kennt dieses Gefühl. Auch sie leidet als Teenager unter Angst- und Panikattacken, zieht sich zurück – bis sie auf YouTube BMX entdeckt. Zuerst übt sie alleine vor dem Haus, dann schliesst sie sich einer Gruppe junger Fahrer an. Trotz ihrer Ängste traut sie sich hin. «Diese Menschen haben mich aufgenommen und mir geholfen, aus meinem Schneckenhaus zu kommen», sagt sie heute. Das BMX gibt ab ihr das erste Mal seit Langem ein Gefühl von Freiheit.
Damit beginnt Ducarroz’ Leidenschaft für den Sport. Fast 15 Jahre später hat die Athletin mehr erreicht, als sie sich jemals hätte erträumen können. Seit Jahren gehört sie zu den besten BMX-Fahrerinnen der Welt und begeistert Fans auf der ganzen Welt mit ihrer Vielseitigkeit. 2021 holte sie Bronze bei den Olympischen Spielen in Tokio. Im gleichen Jahr wurde sie Europameister in Moskau und Vizeweltmeister in Montpellier – 2022 erreichte sie erneut Platz zwei im World Cup.
Heute rangiert die Schweiz-Amerikanerin auf Platz 11 der Weltrangliste und bereitet sich im Küstenort Jacó in Costa Rica auf das nächste grosse Turnier vor. Dort trainiert sie mit anderen Weltklassefahrerinnen – vormittags auf dem Bike, nachmittags im Kraftraum. «Diese Community bedeutet mir alles», sagt Nikita.
Ihre mentale Gesundheit hat sich verbessert, doch auch heute erlebt sie noch Rückschläge. Nach der EM 2023 in Polen, bei der sie eine Medaille knapp verpasst, erlebt sie einen Panikanfall im Hotelzimmer. «Mein Herz raste, ich bekam kaum Luft. Ich konnte mich nicht bewegen – das war der totale Kontrollverlust.» Doch sie hat gelernt, damit umzugehen. Auf Instagram betreibt sie den Account @m1ndtricks, um über mentale Gesundheit zu sprechen – und anderen zu helfen.
Heute ist Nikita Ducarroz mehr als nur eine erfolgreiche BMX-Athletin. Sie ist Mentorin, Vorbild und Stimme für mentale Gesundheit – eine Wegbereiterin für die nächste Generation. Was mit Angstzuständen und einem Fahrrad in der Einfahrt begann, hat sie auf die grössten Bühnen des Sports geführt. Ihre Geschichte zeigt, dass es im Leben nicht nur um Medaillen geht – sondern darum, aufzustehen, weiterzufahren und anderen Mut zu machen, es auch zu tun.
Das ganze Portrait von BMX-Star Ducarroz gibt es im «The Red Bulletin».