Wieso hab ich dem bloss zugestimmt? Wenn du dir diese Frage des Öfteren stellst, bist du damit nicht allein. Vielen Menschen fällt es schwer, Nein zu sagen. Das hat meistens mit mangelndem Selbstbewusstsein zu tun. Wer unsicher ist, befürchtet bei jedem Nein einen Beziehungsabbruch. Ein Blick in die Kindheit verrät warum. In der Trotzphase haben wir auf unser Verweigern vor allem negative Rückmeldungen gekriegt: Frustration, Ärger, Liebesentzug. Gleichzeitig wurden wir mit Lob und Liebe überschüttet, wenn wir etwas für andere getan hatten. Und auch im Erwachsenenalter hat Ja-Sagen Vorteile: Man verhindert Streit und wird gemocht. Aber man wird auch gerne ausgenutzt und nimmt zahlreiche Nachteile in Kauf – von weniger Freizeit über finanzielle Einbussen bis hin zu gesundheitsbedrohlichem Stress.
Willst du etwas dagegen tun, solltest du vor allem dein Selbstwertgefühl stärken. Weil das aber nicht über Nacht klappt, kannst du in der Zwischenzeit noch anderes tun: Übe, Nein zu sagen – und zwar vor dem Spiegel. Das mag sich komisch anfühlen, ist aber unerlässlich, damit du dich selbstbewusst und unmissverständlich widersetzen kannst. Heikle Situationen wie Sitzungen oder das Gespräch mit dem Versicherungsvertreter kannst du im Vorhinein durchspielen – optimaler Weise mit einem Freund als Gegenüber.
Dann gehts an die Praxis: Starte nicht gleich damit, deiner Chefin zu widersprechen. Fange lieber klein an, etwa indem du den Kaffee nach dem Essen ablehnst. Zelebriere jedes noch so kleine Nein und mache dir seine positiven Auswirkungen auf dein Leben bewusst. Gewöhne dir zudem an, nicht sofort auf Fragen zu antworten. Unter Druck tendiert man nämlich eher dazu, seinem Gegenüber zuzustimmen. Erbitte dir stattdessen jeweils etwas Bedenkzeit. Nur so kannst du bewusst entscheiden, ob du etwas wirklich tun willst. Ein ehrliches Ja wird auch deinem Gegenüber mehr bedeuten.
Es zerreisst einem fast das Herz, dem Grosi das zweite Stück Kuchen abzuschlagen. Aber du kannst dir sicher sein: Sie wird es dir verzeihen, wenn du ablehnst. Und bei einem freundlich geäusserten Nein wird sie auch nicht an deiner Liebe zu ihr und ihrem Kuchen zweifeln.
Hat schon einmal jemand die Frage «Störts dich, wenn ich rauche?» ehrlich beantwortet? Höchste Zeit, damit anzufangen. Wenn der Rauch dir den Appetit verdirbt, kannst du ganz anständig bitten, dass die Zigi später oder woanders gepafft wird. Du wurdest schliesslich gefragt.
Du hast keine Lust auf Sex? Dann sag es. Es spielt keine Rolle, ob du schon zu der anderen Person nach Hause gegangen bist. Du hast das Recht, dich umzuentscheiden. Ein anständiges, wenn auch direktes Nein wird niemanden verletzen.
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