Der Klimawandel schreitet ungebremst voran, eine Pandemie hat uns die vergangenen zwei Jahre gestohlen und auf einmal droht in Europa wieder Krieg. Es sind ganz schön instabile Zeiten. Natürlich sehnen wir uns da nach Sicherheit. Und was eignet sich dafür besser als Dinge, die einem schon seit der Kindheit vertraut sind? Deshalb wimmelt es zurzeit nur so von Kidults. Das Wort setzt sich zusammen aus den englischen Begriffen «Kid» (Kind) und «Adult» (Erwachsener). Bezeichnet werden damit volljährige Menschen, deren Hobbys, Interessen oder Geschmäcker nicht allzu weit von denen eines Kindes abweichen.
In der Pandemie-Zeit haben offenbar viele Erwachsene ihr inneres Kind wieder entdeckt. So stiegen zum Beispiel die Verkaufszahlen von Spielzeug deutlich an. Und darunter sind keineswegs nur Toys, die heutige Kinder-Herzen höher schlagen lassen. Leute in ihren Zwanzigern, Dreissigern oder Vierzigern entdeckten plötzlich wieder die Spielzeuge, die sie als Kind so gerne mochten: Barbies, Pokémon, Furbys, Tama-gotchis … Zeit zum Spielen hatten wir in letzter Zeit schliess-lich genug. Und dabei verspürt man nicht nur das sichere Gefühl aus der Kindheit, man hat dabei auch noch Spass. Was will man mehr?
Verspielt sind Kidults nicht nur, weil sie Spielzeug mögen. Auch in der Modebranche lässt man Erwachsene wieder Kind sein, was man an den aktuellen Trends beobachten kann: Unsere Haare dekorieren wir mit ausgefallenen Klammern, bunten Haarreifen oder auffälligen Scrunchies. Von unseren Ohren und Hälsen bau-meln Herzen, Einhörner und Füchse. Auf unseren Pullovern pran-gen Hello Kitty, Dinos und Sterne. Und verziert wird alles mit Glitzer, Pailletten und Federn. Auch in Sachen Make-up mögen wirs zurzeit verspielt. Bunter Lidschatten und auffällige Strass-steine mitten im Gesicht? Immer her damit!
Ein Viertel aller Spielzeuge soll im Jahr 2020 gemäss dem «Toy World Magazine» an Personen zwischen 19 und 29 Jahren verkauft worden sein. Kein Wunder, hat die Spielzeugindustrie die Kidults als wichtiges Kundensegment für sich entdeckt. Sie stellt deshalb vermehrt Spielzeuge her, die eben nicht für Kinder gedacht sind, sondern ganz bewusst auf Erwachsene abzielen: anspruchsvolle Puzzles mit kultigen Motiven, echt aussehende Modelleisenbah-nen, Videospiele rund um die Lieblingsfiguren von Millennials – das sind nur ein paar Beispiele. Besonders bewirtschaftet wird der Kidult -Markt von Lego. Gut die Hälfte der Kundschaft soll be-reits volljährig sein und seit einigen Jahren gibt es extra Sets für über 18-Jährige, die gerne mal 1000 Teile oder mehr haben und technisch anspruchsvoll sind. Ein Kind ist man schliesslich nicht mehr – sondern ein Kidult.