Früher, als das lineare Fernsehen über die Zuschauer herrschte wie Caesar über Rom, war man dem Programm gnadenlos ausgeliefert. Und das war gerade an Ostern brutal. Denn wer sich nicht zusammen mit Tausenden Leidensgenossen im Gotthardstau Richtung Süden (und dann wieder in der Gegenrichtung) aufregen wollte, hatte an den oft verregneten Feiertagen keine andere Wahl, als sich zwischen Familienschlauch und Osterbrunch durch verstaubte Bibel- und Historienschinken zu quälen: «Die zehn Gebote», «Das Gewand» und «Ben Hur» in Dauerschlaufe. Von einem Luxus wie Netflix konnte man nur träumen – vier unendliche Tage lang.
Umso erstaunlicher, dass die öffentlich-rechtlichen TV-Sender nichts gelernt haben. Sie müssten eigentlich um jeden Zuschauer froh sein. Stattdessen werden wir auch im Streaming-Zeitalter über Ostern immer noch von Charlton Heston gestalkt. Der Grund? Wir können nur mutmassen. Ursprünglich hatte das wohl mit der Kirche zu tun, denn der Karfreitag gilt als hoher christlicher Feiertag. Entsprechend wurden Filme ausgestrahlt, die in der biblischen Zeit spielen. Und irgendwann wurde das zu einer grusligen Tradition, der die Moderne nichts anzuhaben scheint. Wir finden: Wenn schon Sandalenfilme, dann gute. Wovon wir mehr und was wir nie mehr sehen wollen.
Nicht alles mit einem älteren Jahrgang ist verstaubt oder schlecht. Stanley Kubricks Spartacus aus dem Jahr 1960, in dem der unvergessliche Kirk Douglas in Rom eine Sklavenrevolte anzettelt, ist ein mit vier Oscars ausgezeichnetes Meisterwerk und auch heute noch gut anzusehen. Auch die Monty-Python-Satire Das Leben des Brian hat schon einige Jährchen auf dem Buckel. Freunde des schwarzen Humors kommen dort aber immer noch auf ihre Kosten. Ridley Scott belebte den Historienfilm neu, indem er Russell Crowe als Gladiator in die Arena schickte. Martiale Sandalen-Action, wenn auch nicht mit Römern, gibts bei den furchtlosen Spartanern in
300. Und bevor der Vorwurf aufkommt, wir würden an Ostern die Kirche nicht berücksichtigen, sagen wir: Habemus Papam auf Netflix! Das Charakterduell zwischen Anthony Hopkins und Jonathan Pryce aka Papst Benedikt und Papst Franziskus in Die zwei Päpste ist grosses Kino.
Ostern hin, elf Oscars her: Sorry, aber Ben Hur haben wir langsam gesehen. Wenn du dir das Rachedrama um den jüdischen Prinzen aber dennoch geben willst, dann halte dich bitte an das Original von 1959. Es hat zwar eine epische Länge von dreieinhalb Stunden, aber ist immerhin ein guter Film – ganz im Gegensatz zum missratenen Remake von 2016. Neuer ist eben nicht automatisch besser. Apropos Charlton Heston: Auch Die zehn Gebote kommen auf unsere schwarze Liste – kleinen Gruss an den Religionsunterricht. 220 Minuten aus dem Jahr 1956, nein danke! Aber auf unserer Liste des Schnarchens geht es noch weiter zurück in der Filmgeschichte: Quo Vadis aus dem Jahr 1951 wollen wir ebenso nicht mehr sehen wie Das Gewand mit Richard Burton von 1953 und Sophia Loren in Der Untergang des Römischen Reiches. Sorry, Sophia, aber dann setzen wir uns sogar noch lieber freiwillig in die Geschichtsstunde!