Coopzeitung Weekend

Der König der Bühne

Musicals geniessen nicht gerade den coolsten Ruf. Dabei thematisieren sie ­relevante Themen auf unterhaltsame Weise. Wir verraten dir, woher das Musiktheater kommt und welche Shows du dir unbedingt ansehen solltest.

Was heute weithin als erstes Musical gilt, haben wir dem Zufall zu verdanken: 1866 wollte eine französische Ballett­truppe in New York auftreten. Aber kurz davor brannte der Veranstaltungsort ab. Schnell hatten sie einen Ersatzort im Auge. Doch dieser war schon für das Theater «The Black Crook» gebucht. Zum Glück entschieden die jeweiligen Produzenten, mit vereinten Kräften ans Werk zu gehen. «The Black Crook» wurde kurzfristig so umgeschrieben, dass es auch Tanz­nummern und Musik enthielt. Das Stück wurde ein Riesenerfolg, der ähnliche Produktionen nach sich zog.

Schon damals war der New Yorker Broadway Dreh- und Angel­punkt der Musical-Szene: Dort trafen verschiedene Kulturen, Konfessionen und Schichten aufeinander und beeinflussten die Shows des frühen 20. Jahrhunderts. Zu Beginn waren dies vor allem sogenannte Revue-Shows (z. B. «­Ziegfeld ­­Follies» ab 1907). Das sind lose Aneinanderreihungen von Songs, die keine zusammenhängende Geschichte erzählen. Das änderte sich mit dem Aufkommen des Tonfilms. Nun ­hatten Musical Konkurrenz und setzten deshalb auf Handlung. Das war der Startschuss für das goldene Musical-Zeitalter in den 1940er- bis 1970er-Jahren (z. B. «Oklahoma!» 1943, «My Fair Lady» 1956). In dieser Zeit rückten auch zunehmend gesellschaftlich relevante Themen anstelle von blosser Unterhaltung ins Zentrum der Produktionen (z. B. «South Pacific» 1949, «West Side Story» 1957).

Die Musikstile passten sich immer wieder den Trends an. So kamen gegen Ende der 60er Rockmusicals auf (z. B. «Hair» 1968). In den 80ern floss vermehrt Pop ein (z. B. «Dream­girls» 1981). Heute konzentrieren sich Produzenten aus finanziellen Gründen vor allem auf etablierte Musicals, machen ­erfolgreiche Filme zu Musicals (z. B. «Billy Elliot» 2005) oder bauen eine Geschichte rund um erfolgreiche Bands auf (z. B. «Mamma Mia!» 1999, «We Will Rock You» 2002). Innovative Produktionen sind selten und gehen oft mit sehr kleinem Budget ins Rennen, werden aber durchaus mit Erfolg belohnt (z. B. «The Book of Mormon» 2011, «Hamilton» 2015).

Du bist Musical-Neuling und weisst nicht, wo du anfangen sollst? Hier fünf unserer Favoriten.

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DER KÖNIG DER LÖWEN

Wer Shakespeares «Hamlet» gelesen hat, dürfte im Disney-Film «Der König der Löwen» (1994) so manche Parallele entdecken. Die Geschichte von Löwenprinz Simba, dessen Vater von seinem eifersüchtigen Bruder Scar ermordet wird, begeistert aber nicht nur Shakespeare-Fans. Bis heute bleibt «Der König der Löwen» der kommerziell erfolgreichste klassische Zeichentrickfilm. Und auch das darauf basierende Musical von 1997 ist ein Riesenerfolg: Es steht auf Platz 3 der am längsten am Broadway gezeigten Musicals aller Zeiten. Seinen Erfolg verdankt es unter anderem den kunstvollen Tony-prämierten Kostümen und Puppen, mit deren Hilfe sich die Schauspielenden in die Tiere der Savanne verwandeln. Aber vor allem auch den mitreissenden Songs der mehrfachen Oscar-Preisträger ­Elton John und Tim Rice. Disney-Fans dürfte beim Schauen des ­Musicals auffallen, dass sich manche Szenen und Songs von der Film­vorlage unterscheiden. So kommt es im Musical etwa zu einer Konfrontation zwischen Simbas Kindheitsfreundin Nala und Scar. Und der Affe Rafiki wird im Musical von einer Frau gespielt, weil sich die für ihre Arbeit an «Der König der Löwen» mehrfach ausgezeichnete Regisseurin Julie ­Taymor daran ­störte, dass es im Film keine tragenden weiblichen Rollen gibt.

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Hamilton

Ein immigrierter Waise, der zum ersten Finanzminister der USA aufsteigt – das ist genialer Stoff, dachte sich Lin-Manuel Miranda und machte daraus ein Musical. «Hamilton» erzählt die Geschichte des US-amerikanischen Gründervaters Alexander Hamilton und dabei kommt vom Romantiker bis zum Geschichtsnerd absolut jeder auf ­seine Kosten. Kein Wunder wurde das Musical von 2015 in kürzester Zeit zum Megahit. In den Jahren 2016 bis 2020 war es das einnahmenstärkste Musical. Jede einzelne Broadway-Aufführung war restlos ausverkauft. Zudem erhielt «Hamilton» einen Pulitzer-Preis und war bei den Tony-Awards – den Oscars der Theaterszene – in 16 Kategorien ­nominiert, in so vielen wie noch kein anderes Musical davor. Erhalten hat es schliesslich elf. Mehr bekam in der Geschichte der Tony-Awards nur «The Producers». Für Musicals ungewöhnlich und bestimmt nicht unschuldig am Erfolg von «Hamilton» ist die Hip-Hop- und R&B-­lastige Musik, die mit Elementen aus Pop, Jazz und zeitgenössischer Musicalmusik gemischt wird. Ab Herbst soll das Musical mit mehrheitlich schwarzer und lateinamerikanischer Besetzung in Hamburg und somit zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum zu sehen sein. In der Zwischenzeit kannst du dir aber auch die Aufzeichnung einer Auf­führung mit dem Original-Cast auf Disney+ ansehen.

Grease

Es könnte so schön sein: Zwei Teenager verlieben sich in den Sommerferien hoffnungslos ineinander. Aber zurück in der Schule wirds kompliziert: Danny muss vor seinen Freunden den Macho raushängen lassen und kann nicht zu seinen Gefühlen für Sandy stehen. Sie wiederum ist in ihrer züchtigen Rolle gefangen – bis beide beschliessen, sich einander anzupassen. Über die Botschaft dieses Endes schüttelt zwar so ­mancher den Kopf, aber der Erfolg gibt dem Musical aus dem Jahr 1971 recht: Es lief siebeneinhalb Jahre am Broadway und wurde 1978 mit John Travolta und Olivia Newton-John verfilmt. Der Name «Grease», der zu Deutsch «Schmiere» bedeutet, ist eine Referenz an die für die 50er typischen Gel-Frisuren. In dieser Zeit spielt das Musical nämlich. Das erklärt nicht nur die Rollenklischees, sondern auch die bunten Kostüme, die kombiniert mit den catchy Songs einfach jeden mitreissen. Well-a, well-a, well-a …

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West Side Story

Schon wieder eine Shakespeare-Referenz: «West Side Story» versetzt die Geschichte von Romeo und Julia in die New ­Yorker Upper West Side der 50er-Jahre und thematisiert dabei gleich noch Rassismus. Im Musical von 1957 bekriegen sich zwei ­Jugendbanden: die US-amerikanischen Jets und die puerto-­ricanischen Sharks. Blöd nur, verliebt sich Maria, die ­Schwester des Shark-Anführers, in den Jet Tony. Dann nimmt die Tragödie ­ihren Lauf. Musikalisch genial umgesetzt von Komponist ­Leonard Bernstein: Die Auftritte der Jets ­werden mit Pro­gressive Jazz unterlegt, während die Klänge bei den Sharks in der lateinamerikanischen Tanzmusik anzusiedeln sind. Als Maria und Tony sich annähern, beginnen sich allmählich auch die Musikstile zu vermischen. Kombiniert mit den Lied­texten von Broadway-Legende Stephen Sondheim («Sweeney Todd») verwundert es kaum, dass «West Side ­Story» bis heute eine beliebte Referenz in der Popkultur ist.

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The Book of Mormon

Wenn die Macher von «South Park» ein Musical schreiben, kommt «The Book of Mormon» raus: sozialkritisch, lustig und unter der Gürtellinie. Die Produktion von 2011 erzählt die Geschichte zweier junger mormonischer Missionare, die in einem kleinen Dorf in Uganda neue Anhänger für ihre Religion gewinnen sollen. Dort hat man allerdings andere Sorgen: Es herrscht Hunger, Aids greift um sich und ein brutaler ­Warlord bedroht die Bevölkerung. Dabei kriegen vor allem Religionen ihr Fett weg, aber auch die westliche Gesellschaft und sogar Musical-­Fans werden auf die Schippe genommen. Man könnte meinen, bei so viel bissiger Satire bleiben Gesang und Tanz auf der Strecke. Aber die ­Macher haben auch darauf grossen Wert gelegt. Das brachte ihnen ­diverse Preise ein. Und die Album-Aufnahme des Original-Casts ­schaffte es sogar bis auf den dritten Platz der US-Billboard-Charts – das ­hatte in den 40 Jahren davor kein anderes Musical mehr geschafft.

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Mit Coopzeitung und 20 Minuten spannen die beiden grössten Zeitungen in der Schweiz zusammen, um ein neues, trendiges Magazin kurz vor dem Wochenende zu lancieren. «Coopzeitung Weekend» erscheint jeden Freitag dreisprachig im Print und Online von 20 Minuten.