Sie grilliert zwar nicht, hat dafür aber richtig viel Halbwissen auf Lager – und schaut dem Grillchef auf die Finger: «Ah, du ritzt die Würste ein. Das würde ich jetzt aber anders machen.» Die Besserwisserin macht ihrem Namen alle Ehre, denn ihrer Meinung nach weiss sie, wenn es ums Grillieren geht, einfach alles – und auch alles besser als die anderen. Genüsslich teilt sie ihren Wissensschatz mit allen, auch wenn die nicht um ihre Meinung gebeten haben. Schliesslich will die Besserwisserin mit ihrem Fachwissen ein bisschen angeben. So erklärt sie dem Grillchef lang und breit, warum der Dry Rub eben viel besser als die Öl-Marinade schmecke und weshalb das Ablöschen des Fleisches mit Bier ja so 2021 sei. Und sowieso: «Willst du das Steak nicht langsam mal umdrehen? Ich meine ja nur, du hast gesagt, es soll Medium sein …»
Er ist der Mann des Abends, der wichtigste Typ überhaupt, einfach ein absoluter «Sibesiech» – meint er zumindest. Der selbst ernannte Grillchef ist nämlich für das Heiligtum jeder Grillparty zuständig: den Grill! Darum gebeten hat ihn niemand. Meistens ist dieser Grillparty-Typ nämlich gar nicht derjenige, dem der Grill gehört. Es ist sozusagen der natürliche Lauf der Dinge, dass plötzlich einer mit der Zange am Rost steht und die Choreografie der Steaks, Würste und Vegiplätzli in die Hand nimmt. Zum Glück: Sonst würde der Neandertaler sein Megapack Cervelats samt Verpackung auf den Rost knallen. So brutzelt der Grillchef selbstverständlich das Zeug der anderen und wagt es nicht, «sein» Revier auch nur für eine Sekunde zu verlassen. Nicht dass ihm die Besserwisserin seinen Chef-Platz streitig macht.
«Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg, höhö!» So oder so ähnlich klingt es aus dem Mund dieser Grill-Nervensäge. Fleisch ist nämlich sein Leben. Deshalb hat er auch gleich Berge davon an die Party mitgebracht – möglichst gleich im Aktionspack. Viel Geld will er nämlich auch nicht dafür ausgeben, Hauptsache Fleisch! Quantität ist für den Neandertaler besser als Qualität. Und wehe, er ertappt jemanden, der einen Halloumi oder die gefüllten Champignons in der Nähe seiner Cervelats platzieren möchte. Pfui! Dann gibt es aber einen richtig langen Vortrag darüber, wieso Gemüse auf dem Grill nichts zu suchen hat. Was der Neandertaler von Vegetariern und Veganern hält, muss hier nicht weiter ausgeführt werden.
«Ah, ich dachte, für Grillgut ist gesorgt?» Eben nicht! Der Schnorrer bringt trotzdem keines mit. Schliesslich bleibt beim Grillieren ja immer irgendwas auf dem Grill liegen. Er weiss genau, dass es die Gastgeber mit dem Einkaufen von Bier und Co. meistens übertreiben. Deshalb lohnt es sich für ihn nicht, Getränke mitzubringen. Und weil der Schnorrer auch weiss, dass die Beilagen-Streberin mit ihren 100 Tupperwares beim Grillfest auftauchen wird, sieht er keinen Grund, seine kostbare Zeit damit zu verschwenden, einen Salat zu kreieren. Dafür bringt er umso mehr Hunger und Durst mit. Auf Resten möchte schliesslich niemand sitzen bleiben, oder? Und wenn ihn dann doch das schlechte Gewissen plagt, bringt der Schnorrer ein paar Dosen Bier mit – die er dann selber trinkt.
Ihr macht es nichts aus, den ganzen Tag in der Küche zu stehen. Schliesslich hat die Beilagen-Streberin einen Ruf zu verlieren. Die Aussage «Du darfst gerne eine Beilage oder ein Dessert mitbringen» interpretiert sie auf ihre eigene Art und Weise. Denn pünktlich zum Party-Beginn steht sie mit Schinkengipfeli, zehn verschiedenen Salaten, einem selbst gemachten Brot und drei Desserts auf der Matte. So macht sie nicht nur allen, die es gerade mal geschafft haben, ein Baguette im Supermarkt zu kaufen, ein schlechtes Gewissen. Sondern steht sie auch noch den ganzen Abend in der Nähe des Buffets, um jedem unter die Nase zu reiben, dass sie diese Köstlichkeiten mit ihren Händen zubereitet hat. Auf den ganzen Resten, die dann übrig bleiben, lässt sie die Gastgeber aber sitzen. Da kann der Schnorrer noch so reinschaufeln. Die Vorratsdosen nimmt die Beilagen-Streberin hingegen wieder mit – nach der Grillparty ist schliesslich vor der Grillparty.