Den meisten Menschen denken nicht als Erstes an Sex oder Selbstbefriedigung, wenn es ihnen nicht gut geht. Dabei kann ein Orgasmus Wunder wirken. Einerseits ist er gut für die Psyche: Der Hormoncocktail aus Glücks- und Bindungshormonen, der beim Orgasmus ausgeschüttet wird, reduziert Stress und macht zufrieden – nicht nur mit dem sozialen Umfeld und der Partnerschaft; Leute, die häufiger kommen, sind gemäss Studien auch selbstbewusster. Andererseits sind auch die physischen Vorteile regelmässiger Orgasmen nicht von schlechten Eltern: Sie sollen das Immunsystem stärken, das Risiko für Bluthochdruck senken und für einen besseren Schlaf sorgen. Ausserdem bescheren sie eine schönere Haut. Und wenn dir mal wieder der Kopf dröhnt oder die Bauchkrämpfe nur schwer auszuhalten sind, ziehst du dich am besten auch für ein paar Minuten zurück, denn schmerzlindernd sind Orgasmen ebenfalls.
Ja, Sex macht Spass. Aber rein biologisch betrachtet hat er vor allem einen Zweck: Fortpflanzung. Und dafür ist der männliche Orgasmus unerlässlich. Aber wieso können Frauen dann auch kommen? Darüber haben sich schon viele Wissenschaftler den Kopf zerbrochen. Geblieben sind vier Hypothesen: Das weibliche Fortpflanzungsorgan hat denselben embryonalen Ursprung wie das männliche und deshalb vielleicht auch dieselbe Fähigkeit zum Orgasmus. Oder aber diese Fähigkeit soll Frauen helfen, den richtigen Partner zu finden. Wieder andere glauben, dass die durch den Orgasmus ausgelösten Muskelkontraktionen die Spermien in die Gebärmutter befördern. Und schliesslich gibt es auch die Theorie, dass der Eisprung bei Frauen einst durch den Orgasmus ausgelöst wurde. Bei manchen Tieren ist das nämlich noch heute der Fall.
Sexualforschung ist schon bei Menschen nicht einfach. Aber bei Tieren wirds richtig schwierig. Die kann man nicht einfach fragen, weshalb sie Sex haben und ob sie dabei kommen. Interessieren tuts die Wissenschaft trotzdem. Und die geht aktuell davon aus, dass bei Gorillas, Schimpansen, Bonobos und Delfinen ähnlich wie beim Menschen alle Geschlechter Orgasmen bekommen können und dass sie nicht nur zu Fortpflanzungszwecken Sex haben. Auch bei Katzen, Kamelen, Kaninchen und Frettchen ist der Orgasmus keine reine Männersache. Und dass das Weibchen kommt, ist für die Fortpflanzung dieser Tiere sogar zentral, denn dadurch wird der Eisprung ausgelöst. Ob Schweine Spass an der Paarung haben, ist nicht bekannt. Ihre Höhepunkte sind aber auf jeden Fall rekordverdächtig: Der Orgasmus eines Ebers kann bis zu 30 Minuten dauern – klingt ziemlich anstrengend.
Bestimmt hast du schon vom Gender-Pay-Gap gehört. Aber wusstest du, dass es auch einen Orgasm-Gap gibt? Gemäss diverser Studien sind heterosexuelle Männer nämlich die Gruppe, die beim Sex am meisten zum Orgasmus kommt. Am anderen Ende der Rangliste? Heterosexuelle Frauen. In einer US-Studie zum Beispiel gaben 95 % der Hetero-Männer an, dass sie beim Sex meistens oder immer kommen. Bei den heterosexuellen Frauen waren es gerade einmal 65 %. Gründe gibt es dafür viele: Einerseits sorgt das Tabu rund um das Thema Sexualität dafür, dass sich viele Menschen dafür schämen, mit ihrem Partner offen über ihre Bedürfnisse zu reden. Zudem bringen uns Mainstream-Pornos bei, dass weibliches Vergnügen zweitrangig ist und Sex mit dem männlichen Orgasmus endet. Ausserdem dreht sich dort meist alles um Penetration, obwohl viele Frauen nur durch die Stimulation der Klitoris-Eichel zum Höhepunkt kommen. Dass das noch nicht bei allen angekommen ist, verdanken wir unter anderem mangelhafter sexueller Aufklärung. Die sorgt auch dafür, dass das Wissen über die weibliche Anatomie – nicht nur bei Männern – meist ziemlich dürftig ist. Zusätzlich ist Selbstbefriedigung bei Mädchen und Frauen noch immer stigmatisiert und deshalb auch seltener. Gemäss einer Studie von Sextoy-Hersteller Womanizer legen Schweizer Frauen im Schnitt 74 Mal im Jahr selber Hand an, Männer 162 Mal (übrigens der Rekord aus den 15 befragten Nationen). Frauen holen aber auf. Der Masturbations-Gap wird gemäss Womanizer von Jahr zu Jahr kleiner.