Schuldige Freuden – ein Paradoxon. Du geniesst ein Erlebnis aufrichtig und gleichzeitig schämst du dich dafür ... Aber warum nur? Weil du denkst, dass du besser bist als das, oder weil du befürchtest, dass deine Mitmenschen dich auslachen würden. Es ist eigentlich lächerlich, und doch kannst du diesen Scham-Impuls nicht ganz unterdrücken. Das Phänomen der Guilty Pleasures ist bei Psychologen und Philosophen umstritten. Denn Voraussetzung dafür, sich ein schlechtes Gewissen zu machen, ist die Vorstellung eines Wertesystems für Geschmack: Dass man ganz klar einteilen kann, was jetzt kulturell oder sozial wertvoll und was Trash ist oder sich nicht gehört. Aber gibt es denn überhaupt ein allgemeingültiges Wertesystem? Da sind sich die Forscher uneinig. Vielmehr sollen die eigene Erziehung und der jeweilige Freundeskreis relevant dafür sein, was wir als akzeptabel erachten und was nicht. So ist es für einen Metalhead schwieriger zuzugeben, dass er bei Helene Fischers «Atemlos durch die Nacht» lauthals mitsingt, als für jemanden mit Schlagerfreunden im Umfeld.
Guilty Pleasures haben immer auch mit Selbstkontrolle zu tun. Wenn der Bauch gegen den Kopf gewinnt, der sich an «moralischen» oder selbst gesetzten Grenzen orientiert. Man isst den Donut, obwohl man abnehmen will, raucht die Zigi trotz der Absicht, mit dem Rauchen aufzuhören, und gönnt sich das saftige Steak, wenn man versucht, Vegetarier zu werden. Auf den Genuss, gegen die selbst auferlegte Regel zu verstossen, folgt das Schuldgefühl. Genau wie beim Kauf von etwas Überflüssigem oder zu Teurem. Dabei ist das Gefühl, etwas zu tun, was die Geschmackspolizei für verwerflich hält, was übertrieben und unvernünftig ist, ein zusätzlicher Kick. Der Reiz des «Verbotenen» kann auch den Alltag aufpeppen. Und genau deshalb solltest du dich viel öfter deinen Guilty Pleasures hingeben. Nur du allein bestimmst, ob du dich «guilty» fühlen musst.
Deine Lieblingsserie zum siebten Mal bingewatchen
Zum Zmittag Brownies essen
Einen neuen Lippenstift kaufen, obwohl du schon 78 hast
Deinen Ex auf Instagram ausspionieren
52 Selfies hintereinander machen
Mit überteuerten Schuhen dein Budget sprengen
Dreimal pro Woche Essen bestellen
Unter der Dusche «Despacito» singen
Auf die nächste Staffel von «The Kardashians» hinfiebern
Eine ganze Tafel Schokolade verschlingen
Im Hotel alle Pflegeprodukte einpacken
Vampir-Schnulzen lesen
Schlagrahm direkt in den Mund sprühen
Im Homeoffice im Pyjama arbeiten
Candy Crush auf dem Handy spielen
Nutella mit dem Löffel essen
Am eigenen Furz riechen
In der Elektronikabteilung eines Warenhauses stundenlang gamen
Interesse für eine Wohnung heucheln, nur um sie zu besichtigen
Papierflieger falten, als wärst du noch ein Kind
Promi-Klatschseiten lesen
Weniger als 3:
Come on – bist du wirklich so langweilig? Geh die Liste nochmals durch, aber diesmal ganz ehrlich. Und falls du wirklich so steif bist: Probier doch mal was davon aus!
3 bis 10:
Du machst das ganz richtig: Du gönnst dir zwischendurch was, verlierst die Kontrolle aber nicht komplett. Das Leben ist schliesslich schon ernst genug.
11 oder mehr:
Wow, du bist ja ziemlich peinlich! Höchste Zeit, dass du dich mal mit deiner Impulskontrolle auseinandersetzt. Oder du pfeifst einfach drauf und geniesst weiter.