Coopzeitung Weekend

Alles auf einmal, bitte!

Wer gleichzeitig möglichst viele Dinge erledigen kann, gilt als ­besonders kompetent. Multitasking scheint die Fähigkeit aller ­Fähigkeiten zu sein. Doch stimmt das wirklich?

Während des Meetings kurz noch einige Mails beantworten, beim Kochen nebenbei die nächsten Ferien buchen oder beim Netflixen beiläufig durch den Instagram-Feed scrollen: Scheinbar mühelos erledigen wir all diese Aufgaben gleichzeitig. Oder noch besser, es wird sogar von uns erwartet, dass wir das tun. Multitasking gilt als erstrebenswerte Fähigkeit. Der Begriff kommt ursprünglich aus der Computerwelt und beschreibt den Mehrprozessbetrieb eines technischen Geräts, also den ­Vorgang, mehrere Aufgaben (engl. tasks) parallel zu erledigen. Ganz ­richtig ist diese Definition aber eigentlich nicht. Denn sogar Computer switchen meist bloss zwischen den einzelnen Tasks hin und her. Das geschieht so schnell, dass der Eindruck von Gleichzeitigkeit entsteht. In diesem Sinne ist Multitasking also mehr Illusion als Realität. Zu Recht stellst du dir jetzt wahrscheinlich die Frage: Wieso wird von uns Menschen etwas ­erwartet, was nicht mal eine Maschine richtig hinkriegt?

Die Wissenschaft vermutet, dass man die angeblich erstrebenswerte Fähigkeit aus der Natur abgeschaut hat. Eine Katze, die ein Schläfchen hält und dennoch ihre Umgebung abcheckt, ist schliesslich beeindruckend. Und ausserdem will der Mensch besser sein als Tier und Maschine – Multitasking gilt in der ­Gesellschaft daher als Zeichen für Intelligenz, Effizienz und ­Engagement. Doch jetzt kommt die nüchterne Wahrheit: Auch für den Menschen ist komplexes Multitasking unmöglich. Die hochgelobte Fähigkeit existiert also eigentlich gar nicht.

Aber Moment mal … gilt Singen beim Duschen nicht auch als Multitasking? In gewisser Weise ja. Man spricht hier jedoch von Automatismen und Routineaufgaben. Das menschliche Gehirn kann einfache Dinge tatsächlich gleichzeitig erledigen. Bei ­komplexen Tätigkeiten, die dieselbe Hirnregion beanspruchen, ist aber Schluss! Parallel eine Online-Bestellung aufgeben und ­einen Film schauen ist bereits schwierig, zwei ­Entscheidungen im selben Moment zu treffen, geht gar nicht mehr. Versuchen wir es dennoch mit komplexem Multitasking, so enden wir in ­einem hektischen Zickzackkurs zwischen den Aufgaben.

Viele Studien beschäftigen sich mit dem Thema. Eine aktuelle aus den USA zeigt beispielsweise, dass bereits das Tippen auf dem ­Handy während einer Autofahrt die Konzentration bis zu 40 Prozent einschränken kann – daher auch das Handyverbot für den ­Fahrer! Durch visuelles Multitasking steigt zudem das Stress-Level massiv an. Und es ist erwiesen, dass man sogar Zeit verliert und häufiger Fehler macht, wenn man versucht zu multi­tasken. Da wir uns in einem digitalen Zeitalter befinden, ist es aber gar nicht so einfach, davon loszukommen. Ständig könnte man ­gefühlt zehn Dinge gleichzeitig machen oder auf drei Bild­schirme starren. Was das langfristig mit uns macht, bleibt noch zu erforschen. Um Spekulationen zu verhindern, räumen wir gängige Mythen aus dem Weg und zeigen dir ­einige interessante Fakten zum Medien-Multitasking. Und, warst du bis jetzt konzentriert mit dabei?

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Mythos 1: «Frauen sind besser im Multitasking»

Diesen Satz hast du bestimmt schon oft gehört – egal, ­welches Geschlecht du hast. Den Männern wird nach­gesagt, sie könnten es nicht, von den Frauen wird ­verlangt, dass sie es gut beherrschen sollten. Dabei ist ganz klar: Alle Geschlechter sind gleich gut im Multitasking – beziehungsweise eben gleich schlecht. Eine aktuelle ­Studie der Universität Aachen zeigt, dass es keine ­Unterschiede zwischen den Probandinnen und Probanden gibt. Alle bearbeiteten die Doppel-Aufgaben langsam und ­ungenau. Wieso das Multitasking den Frauen dennoch hartnäckig und vermeintlich positiv ­angehängt wird? Tja, weil es praktisch wäre, wenn Frau als Mutter, Arbeit­nehmerin und Co. alles auf einmal erledigen könnte.

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Mythos 2: «Digital Natives können sich nicht konzentrieren»

Wenn die Rede von Multitasking ist, stehen schnell auch die «Digital Natives», die jungen Generationen Y und Z, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind, im Zentrum. Ständig sind sie doch im Internet unterwegs und machen alles gleichzeitig. Und ihre Konzentration? Bäh! Diese Annahme ist aber ein gemeines Vorurteil. Ja, die Konzentration des Menschen lässt nach, aber das betrifft Personen aller Altersstufen. Und auch wenn Social ­Media viele Probleme geschaffen hat, geht die Wissenschaft auch von positiven Einflüssen aus. Die Hirnforschung etwa konnte beweisen, dass junge Leute eine ­gesteigerte Fähigkeit zum Filtern von Inhalten und eine schnellere Bildverarbeitung entwickelt haben. Fun Fact: Der sen­sorische Bereich im Gehirn, der für die Daumen­bewegung zuständig ist, ist bei Jugendlichen heute fast doppelt so gross wie noch vor 20 Jahren.

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Mythos 3: «Der Mensch nutzt nur etwa zehn Prozent seiner Hirnkapazität»

Auch wenn unser Gehirn nicht für Multitasking ­geeignet ist, schmälert das nicht in geringster Weise seine Fähigkeiten. Das Gehirn ist ein unglaubliches Netzwerk aus etwa 100 ­Milliarden Nervenzellen. Es arbeitet pausenlos, extrem schnell und entwickelt sich immer weiter. Trotzdem hält sich seit gut 100 ­Jahren der Mythos, dass ­jeweils nur zehn Prozent des Gehirns aktiv seien, der Rest sei Reserve – oder so ähnlich. Aber das ist komplett falsch. Jeder Mensch, der über ein ­gesundes Gehirn verfügt, nutzt dieses auch zu 100 Prozent. Es stimmt jedoch, dass das knapp 1,5 Kilogramm leichte Ding höchstens zu einem Zehntel erforscht ist und wohl auch nie ganz entschlüsselt sein wird. Das flexible ­Organ bleibt ein Mysterium – und wer weiss, vielleicht lernt es eines Tages doch noch das komplexe Multitasking.

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