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Ladies first: Wie sich Frauen in der Hip-Hop-Szene behaupten

Hip-Hop ist eine Männerdomäne. Frauen treten in Lyrics und Videoclips oftmals nur als Sexobjekte in Erscheinung. Aber es geht auch anders! Female Rap damals und heute und warum Feminismus und Hip-Hop sich nicht ausschliessen.

Text: Chantal Herger, Illustration: Dieter Stocker, Foto: Alamy

«She lick me like a lollipop» oder halb nackt tanzende Frauen: Viele Hip-Hop-Lyrics und -Videos strotzen nur so vor Sexismus. Frauen werden nicht selten zu Sexobjekten degradiert, sollen die Männer bespassen und nach ihren Pfeifen tanzen. Häufig wird in den Songtexten ein Männlichkeitsbild zelebriert, das über der Frau steht. Besonders ausgeprägt ist dies im Gangsta-Rap und wird ergänzt durch eine problematische Frauenfeindlichkeit. Diese sexistische Haltung prägt unser Bild vom Hip-Hop.

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Und was hat das jetzt mit Feminismus zu tun? Obwohl Hip-Hop stark von männlichen Rappern beeinflusst wird, stehen seit jeher auch rappende Frauen auf der Bühne. Sie leben Feminismus, weil sie das machen, was sie möchten. Und schaffen so ihren Platz in der männerdominierten Hip-Hop-Szene. «Feminismus und Hip-Hop verfolgen eigentlich ähnliche Ziele», sagt die Rap-Expertin Heidi Süss gegenüber Deutschlandfunk. Es gehe um Freiheit, Gleichheit, Teilhabe und den Kampf gegen Unterdrückung. So sieht es auch die amerikanische Autorin Joan Morgan, die den Begriff des «hip-hop feminism» prägte. Sie beschreibt die Herausforderung, einerseits die feministische Haltung zu bewahren und andererseits die patriarchale Hip-Hop-Kultur abzufeiern. Und verfolgt dabei den Ansatz, dass sich beides miteinander vereinbaren lässt. So schreibt Morgan: «I needed a feminism brave enough to fuck with the grays» – (Ich brauchte einen Feminismus, der mutig genug ist, sich mit den Grauen anzulegen). Als weibliche Rapperin geht es also immer auch darum, sich im Spannungsfeld von Feminismus und der sexistischen Hip-Hop-Welt zu positionieren.

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Sisterhood

Die weibliche Hip-Hop-Band Salt ’n’ Pepa erkämpfte sich in den 80er-Jahren ihren Platz in der männerdominierten Szene. Die drei Rapperinnen repräsentierten die Rolle der unabhängigen und erfolgreichen Schwarzen Frau und ermutigten die Frauen, für sich einzustehen. Auch Lauryn Hill machte sich für die Sisterhood zwischen weiblichen People of Color stark. Als sie sich 1997 von den Fugees trennte, stand die Rapperin erstmals alleine da. In ihrem ersten Soloalbum «The Miseducation of Lauryn Hill» (1998) singt sie von Liebe, Verlust und dem Erwachsenwerden und beschreibt das Leben Schwarzer Frauen. Der Song «To Zion», der von ihrem Muttersein handelt, ist eine Hymne an die Selbstbestimmung der Frau.

Sex Sells

Leicht bekleidet und die Beine gespreizt: So zeigt sich die Rapperin Lil’Kim auf dem Poster ihres ersten Albums «Hard Core» (1996). Sie setzt ihre weiblichen Reize ein und scheint das typische Image der übersexualisierten Frau im Rap zu bedienen. Ihre vulgären Texte aber sind eine direkte Antwort auf jene der männlichen Rapper. Sie prahlt mit sexuellen Kontakten und übernimmt die sexualisierte Sprache, um sich ihren Platz in der männlich dominierten Hip-Hop-Welt zu schaffen – mit einer offenkundig dargestellten Sexualität. Und dadurch, dass die Rapperin die weibliche Lust thematisiert, nimmt sie diese für sich in Anspruch, um selbst darüber zu verfügen. Von sich selbst sagt die Lil’Kim: «In some way, I am a feminist because I support my women.»

Queen vs. «Bitch»

Als weibliche Rapperin im Hip-Hop-Genre zu bestehen, heisst auch, sich mit seinem eigenen Geschlecht auseinanderzusetzen – und wie dieses inszeniert und thematisiert werden soll. Das lässt sich gut anhand der Verwendung des Wortes «Bitch» aufzeigen. Während Lil’Kim und Missy Elliot das Wort selbst benutzen, positiv umdeuten und für sich beanspruchen, macht es beispielsweise Queen Latifah anders. Sie stellt den Begriff infrage und rappt, dass niemand eine Frau als «Bitch» oder «Ho» (dt. Hure) bezeichnen sollte. Queen Latifah verkörpert somit die Rolle der sogenannten «Queen Mother», die Rap als verbale Waffe für den Feminismus und die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzt – so wie in ihrem Song «Ladies first» (1989).

Sexy Empowerment

Sex und Hip-Hop gehören irgendwie zusammen und auch Feminismus und Hip-Hop lassen sich gut kombinieren. Im Hip-Hop-Feminismus geht es laut der Expertin Heidi Süss darum, ein feministisches Bewusstsein zu entwickeln, um die eigene Rolle in der Hip-Hop-Kultur zu hinterfragen, diese zu kritisieren oder auch als Form von sexpositivem Empowerment zu verstehen. Diese Rolle nimmt beispielsweise Cardi B ein. In ihrem Song «Bodak Yellow» (2018) rappt sie von sexueller Selbstbestimmung und räkelt sich im Video dazu lasziv. Auch Musikerinnen wie Nicki Minaj und Megan Thee Stallion setzen ihre Texte – und ihren Körper – gezielt ein, um auszudrücken: «Ich fühle mich in meiner Haut und mit meiner Sexualität wohl.»

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