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Kaufe jetzt online in deiner Buchhandlung ein – viel Spass beim Lesen! (Bild: Ossi Saarinen)
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Der tägliche Gratis-Krimi: Teil 5

Fesselnder Lesespass mit «Hunkeler in der Wildnis». Jeden Tag einen neuen Teil zum Lesen!

Liebe Leserinnen und Leser!

In schwierigen Zeiten wie diesen ist vor allem eines wichtig: Zusammenhalt und das Wissen, nicht alleine zu sein. Und was verbindet mehr, als gemeinsam für kurze Zeit dem Alltag zu entfliehen und auf eine gemeinsame Phantasiereise zu gehen?

Zusammen mit dem Diogenes Verlag schenkt 20 Minuten deswegen allen Menschen in der Schweiz jeden Tag ein Stück spannender Literatur zum gemeinsamen Schmökern. Wir publizieren täglich kostenlos ein Kapitel des fesselnden Krimi-Romans «Hunkeler in der Wildnis» des Aarauer Schriftstellers Hansjörg Schneider.

Lasst euch vom Lesevergnügen packen, teilt es mit euren Liebsten und vergesst nicht auf die kleinen Freuden im Leben. Bleibt gesund und passt auf euch und eure Mitmenschen auf!

Du warst nicht von Anfang an dabei? Kein Problem, hier findest du alle Kapitel.

Teil 5:

Am Abend saß er, nachdem er die Hühner in den Stall gebracht hatte, am Küchentisch und schaute in die aufkommende Dämmerung hinaus. Er hörte das Telefon im Gang draußen schellen, über ein Dutzend Mal. Offenbar wollte jemand dringend mit ihm reden. Wieder einmal war er froh, keinen Beantworter eingerichtet zu haben. Die Nummer seines Handys kannten nur seine Freundin Hedwig und Korporal Lüdi, der ihm unter seinen ehemaligen Kollegen stets der liebste gewesen war. Hedwig war über das Wochenende zu einem Meditationskurs in der Toskana gefahren, in die alte Römerstadt Lucca.

Er nahm das Handy und wählte Hedwigs Nummer. Es meldete sich der Beantworter. »Ciao bella«, sprach er, »ich hocke im Elsass und habe Langezeit nach dir. Hier ist so weit alles in Ordnung, außer dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe nämlich das Eiserne Kreuz, das Heinrich Schmidinger um den Hals getragen hat, in der Tasche. Er ist totgeschlagen worden. Und geh einmal das marmorne Labyrinth anschauen, das in die Fassade des Doms eingelassen ist. Verirre dich nicht darin.«

Er schaltete das Handy aus. Vielleicht weil er unerreichbar sein wollte, für alle. Aus der Welt verschwinden. Sich verkriechen, im taufeuchten Gras liegen, den Käfern zuhören, die über seine Haut krochen. Das leise Rauschen der Weide im Ohr, über sich nichts als der Sternenhimmel. Eine Ewigkeit lang. Oder wenigstens eine Nacht.

Er genoss die kühle, feuchte Luft, die aus dem offenen Fenster hereinkam. Er lauschte dem Schnurren der beiden Katzen, die auf dem Tisch lagen, und überlegte, ob er eine Büchse Ravioli in die Pfanne hauen sollte. Er ließ es bleiben und beschloss, Nicole Schlienger zu besuchen.


Sie wohnte unten am Bach. Vor einigen Jahren hatte sie ihren Mann Martin verloren, der Komponist war, und lebte in einem alten Riegelhaus, zusammen mit Ziegen.

Sie hatte lange Jahre für die Basler Zeitung gearbeitet, erst als Korrespondentin in Mexiko, dann auf der Redaktion. Zuletzt war sie Redaktorin für Frauenfragen und Mode gewesen. Stets hatte sie ihren Mann Martin bei sich gehabt und ausgehalten. Bis sie mit nichts als einer schäbigen Rente in der Tasche wegen Umstrukturierungsmaßnahmen in den vorzeitigen Ruhestand entlassen wurde.

Sie saß in der Küche vor einer Schüssel Polenta und einer Literflasche Rotwein, als Hunkeler eintrat.

»Setz dich«, sagte sie, »iss und trink. Es ist genug da.«

Er setzte sich und schaute sich um, während sie einschenkte und schöpf‌te. Die niedere Decke, der Feuerherd, das Brennholz daneben. Das Fenster weit offen, draußen die Dunkelheit. In einer Ecke war Stroh aufgeschüttet. Eine Ziege war angebunden, ein winziges, beinmageres Kitz lag daneben.

»Es ist zu früh gekommen«, sagte sie. »Ich muss es aufpäppeln, sonst holt es der Wolf.«

Er aß von der Polenta, nahm einen Schluck Wein. Er war von der billigsten Sorte.

»Pass auf, wenn du heimgehst durch die Nacht. Nimm einen Prügel mit. Wenn du zwei Augen aufleuchten siehst, dann schlag drauf. Er oder du.«

Er betrachtete ihr aufgedunsenes Gesicht. Sie war einmal eine Schönheit gewesen, die durch Basels Beizen zog.

»Was schaust du so blöd?«, fragte sie. »Ich weiß schon, dass es ein miserabler Wein ist. Ich kann mir keinen besseren leisten.«

»Meinst du nicht, dass du zu viel allein bist? Geißen sind ja sympathische Tiere. Aber reden kannst du nicht mit ihnen.«

»Doch, ich rede mit ihnen. Und jetzt bist ja du da.«

Sie hob das Kitz aus dem Stroh, griff zur Milchflasche auf dem Tisch und versuchte, das Tier zu säugen. Es schien nicht zu begreifen, was da vor sich ging. Doch plötzlich begann es, gierig zu saugen.

»Siehst du«, sagte Nicole, »es versteht mich. Mal sehen, wer stärker ist, der Wolf oder ich. Also, was willst du?«

»Hast du etwas aus Basel gehört heute? Etwas aus dem Kannenfeldpark?«

»Ach so, deswegen bist du da. Klar habe ich etwas gehört. Der Schmidinger, den hat’s erwischt. Ich bin gar nicht so einsam, wie du meinst. Ich bin online, verstehst du, rund um die Uhr. Ich weiß, dass du am Tatort warst.«

»Von wem hast du das?«

»Er nennt sich Caesar Augustus. Ich weiß auch, dass du die Polizei angelogen hast, einen Kommissär Madörin.«

»Wie angelogen?«

»Du hast behauptet, dass du zum Tatort gerannt bist. Dabei bist du geschlichen.«

»Der verdammte Otto. Dem drehe ich den Hals um.«

»Keine Privatnamen, nur Fakten. Alles anonym.«

Sie legte das Kitz wieder hin und stellte die Polentaschüssel vor die Ziege, die zu fressen begann.

»Um Schmidinger ist es übrigens nicht schade. Der war auch ein Wolf. Er hat mich aus der Redaktion geschmissen. Und er hat Martin zerstört.«

Hunkeler wusste, dass die beiden Kammern im ersten Stock voll von den Notenblättern waren, die Martin Schlienger im Laufe seines Komponistenlebens mit feiner Tuschfeder gefüllt hatte. Nicole hatte sie ihm voller Stolz gezeigt, sie hatten wunderschön ausgesehen.

»Warum zerstört?«, fragte er. »Martin hat doch ein Werk hinterlassen. Blatt um Blatt wunderbar beschrieben. Gezeichnete Musik. Dafür müsste es doch einen Markt geben. Kennst du keine Galerie, die sich dafür interessiert?«

»Nein«, sagte sie, plötzlich voller Hass, der ihr Gesicht verzerrte. »Martin war nicht Maler, sondern Komponist. Er hat nicht für die Augen geschrieben, sondern für die Ohren. Aber die Banausen der Basler Musikszene haben ihn totgebissen. Vor allem Schmidinger, die Bestie. Sie haben ihm den Schädel eingeschlagen, stimmt’s?«

Hunkeler nickte.

»Martin hat von Pythagoras geschwärmt, von der Sphärenmusik, die Sonne, Mond und die Planeten spielen, das menschliche Ohr aber nicht wahrnimmt. Sie ist immerwährend da, aber wir hören sie nicht. Davon hat mir Martin immer die Ohren vollgeschwatzt. Er hat versucht, diese Musik für uns Menschen hörbar zu machen, sie zum Erklingen zu bringen. Er war ein genialer Narr. Kein Ton ist erklungen, außer das eine Mal, als zu seinem sechzigsten Geburtstag im Basler Casino seine Symphonie für Cello und Oboe uraufgeführt wurde. Cello für die gestrichene Saitenmusik, Oboe für die geblasene Atemmusik. Dahinter das ganze Orchester mit Blech und Holz. Das war wunderbar. Martin war im siebten Himmel.«

Sie zog ein großes Taschentuch hervor und tupf‌te sich die Augen ab. Sie öffnete eine neue Flasche und schenkte nach.

»Stimmt doch, oder was meinst du? Die heutige Welt kann nur von Narren gerettet werden, die zu den alten Griechen zurückkehren. Stell dir vor, die Sonne, der Mond und die Sterne musizieren zusammen. Eine wunderbare Harmonie im All, zu dem auch wir Menschen gehören.«

»Schön«, sagte Hunkeler und trank. Tatsächlich ein widerlicher Tropfen. Aber er brauchte jetzt kein lauteres Wasser, sondern Alkohol.

»Eigentlich hätte Kurt Zuber die Kritik schreiben müssen«, sagte sie, »er war zuständig für Musik. Ein gepflegter älterer Herr. Aber Schmidinger hat es verhindert. Er konnte das, weil er Mitglied der Chefredaktion war. Er hatte nur etwas im Sinn. Er wollte Martin kaputtschreiben. Ein Totalverriss. Und am Schluss die Frage, warum denn die Stadt Basel so viel Geld für ein hochqualifiziertes Orchester ausgebe, wenn es einen solchen Schrott spielen müsse.«

Sie erhob sich, ließ Wasser in eine Schüssel fließen und stellte es vor die Ziege, die zu saufen begann.

»Ich bin einmal«, erzählte Hunkeler, »mit einer Katze hinten im Auto durch den Gotthard-Tunnel gefahren. Nach etwa fünf Kilometern gab sie seltsame Töne von sich, wie ich sie noch nie von einer Katze gehört hatte. Erschreckend, als ob ein ganz und gar fremdes Wesen in höchster Angst um Hilfe riefe. Sie hat weitergeschrien, oder besser gewimmert, bis etwa fünf Kilometer vor dem Tunnelende. Dann hat sie sich wieder beruhigt und lag still. Da habe ich gemerkt, dass sie in einem System drin lebte, in das sie ständig eingebunden war. Durch die Länge des Tunnels, durch die Gesteinsmassen darüber war sie offenbar abgeschnitten von diesem System. Das erschreckte sie so tief, dass sie diese beängstigenden Töne von sich gab. Was das für ein System war, weiß ich natürlich nicht. Ich weiß nur, dass es da war. Und dass es für sie lebenswichtig war. Vielleicht war es die Sphärenmusik des Pythagoras?«

Die Ziege hatte sich hingelegt ins Stroh, sie schien auf irgendetwas zu warten. Dann leckte sie dem Kitz übers Fell.

»Schmidinger, das Schwein«, sagte Nicole. »Er hat mich gehasst. Er hat die Frauen verachtet. Er hat immer eine Frau gehabt. Eine nach der andern. Keine hat es lang ausgehalten bei ihm. Ihm war es egal, er nahm einfach die nächste. Vermutlich hat er den Wechsel seiner Geliebten gar nicht bemerkt. Er wollte einfach etwas haben in der Nacht, das er rammeln konnte. Sie sahen alle gleich aus. Groß, schlank, mit schmalen Hüften. Androgyne, zart besaitete Wesen, die seine Männlichkeit bewunderten. Er hat sie alle kaputtgerammelt. Er hat sie vernichtet. Nicht aus Liebe, sondern aus Hass.«

Die Fortsetzung folgt morgen. Du findest sämtliche Kapitel hier im Kanal: 20min.ch/diogenes

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(B: Philipp Keel / © Diogenes Verlag)

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Teilnameschluss: 19. April 2020