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Liebe Leserinnen und Leser!
In schwierigen Zeiten wie diesen ist vor allem eines wichtig: Zusammenhalt und das Wissen, nicht alleine zu sein. Und was verbindet mehr, als gemeinsam für kurze Zeit dem Alltag zu entfliehen und auf eine gemeinsame Phantasiereise zu gehen?
Zusammen mit dem Diogenes Verlag schenkt 20 Minuten deswegen allen Menschen in der Schweiz jeden Tag ein Stück spannender Literatur zum gemeinsamen Schmökern. Wir publizieren täglich kostenlos ein Kapitel des fesselnden Krimi-Romans «Hunkeler in der Wildnis» des Aarauer Schriftstellers Hansjörg Schneider.
Lasst euch vom Lesevergnügen packen, teilt es mit euren Liebsten und vergesst nicht auf die kleinen Freuden im Leben. Bleibt gesund und passt auf euch und eure Mitmenschen auf!
Du warst nicht von Anfang an dabei? Kein Problem, hier findest du alle Kapitel.
Teil 8:
Abends um sechs ging Hunkeler in den Stall gegenüber, wo die Bäuerin am Melken war. Es standen nur noch zwei Milchkühe an der Krippe. Im Stroh lagen zwei Kälber.
»Danke, dass Sie zu den Hühnern geschaut haben«, sagte er.
»Merci für die Eier«, antwortete sie.
Das war eine Art Begrüßungsritual, wenn er ein paar Tage weg gewesen war.
»Wo ist die dritte Kuh?«
»Die hat der Metzger geholt.«
»Wie geht’s dem Mann?«, fragte er.
»Er sitzt in Jettingen beim Skat, comme toujours. Solange er Skat spielt, geht’s ihm gut.«
Sie hatte eine Hand auf den Rücken einer Kuh gelegt. Es fiel ihm auf, dass sie alt geworden war. Und er fragte sich, ob sie das Gleiche wohl über ihn dachte.
Eine Schwalbe flog herein zum Nest hinten an der Decke. Ein paar weit aufgerissene Schnäbel erschienen dort, die nach Futter verlangten.
»Das ist schon die zweite Brut«, sagte die Frau. »An Mariä Geburt fliegen die Störche und Schwalben furt, hat man früher gesagt. Das ist das einzige Nest, das wir heuer voll haben. Es ist der Mais, der alles verändert. Was will man? Und die Frau, geht’s ihr gut?«
»Ich denke schon. Sie ist über das Wochenende in der Toskana.«
»Am Meer?«
»Nicht ganz. Aber das Meer ist nicht weit weg.«
Eine zweite Schwalbe flog herein. Und wieder ging das Gepiepse der Jungen los.
»Nächstes Jahr höre ich auf mit dem Melken«, sagte die Frau. »Dann fahren wir mit dem Bus in die Camargue, wir Frauen von der Genossenschaft. Ans Meer, zu den Flamingos. Waren Sie schon in der Camargue?«
»Ja, als ich zwanzig war.«
Er schaute zu, wie sie die Saugstutzen der Melkmaschine von der einen Kuh wegnahm und ans Euter der andern hängte.
»Was ist denn in Basel los?«, fragte sie. »Da schlagen sie einen alten Mann tot, mitten im Park. Wer macht so eppis?«
»Ich weiß es nicht. Ich bin nicht mehr bei der Polizei, und ich bin froh darüber.«
»Warum leben Sie eigentlich da drüben, dans cette ruine? Sie könnten doch mit Ihrer Frau ans Meer ziehen.«
Ja, warum eigentlich?, überlegte er.
»Das Haus«, sagte er, »ist zwar alt. Aber es funktioniert noch tadellos. Das Dach hat Felix neu gedeckt. Und die Eichenbalken, die alles tragen und zusammenhalten, überleben uns beide. Und es ist belebt. Es wohnen Fledermäuse im Gebälk irgendwo. Wo sollen sie hin, wenn das Haus abgerissen wird?«
»In den Kirchturm vielleicht. Was haben Sie von Fledermäusen? Rien, gar nüt. Es gibt seit einiger Zeit eine neue Partei in Hundsbach drüben, les Verts, di Grüene. Die schwatzen uns die Ohren voll, wir sollen anders bauern. Nachhaltig, c’est le mot, obschon es niemand versteht. So wie früher halt. Aber wer bezahlt mir das gute Kalbs- und Schweinefleisch, das ich produziere? C’est tout bio, alles bio. Ich bekomme aber genau gleich viel dafür wie die Fleischfabriken. Ich mache das alles, damit ich etwas zu tun habe und die Zeit vergeht. Aber man verdient nichts, au contraire, me zahlt druf. Deshalb will ich aufhören. Verstehen Sie das?«
Hunkeler nickte.
»Les socialistes«, sagte die Frau, »die haben uns in den letzten Jahren belogen. Alles werde besser, haben sie behauptet, wenn wir sie wählen. Nüt isch besser wurde, alles schlechter, encore pire. Darum wählen jetzt viele im Dorf Madame Le Pen. Weil die tatsächlich etwas ändern will. Bon, man wird sehen.« Sie stellte die Melkmaschine ab und machte sich daran, die Kälber zu tränken. »Vor dem Hund, der Ihnen zugelaufen ist, sollten Sie sich übrigens hüten. Ein wildes Tier. Er frisst Ratten. Man kennt ihn im ganzen Tal. Er versucht es immer wieder, aber niemand will ihn aufnehmen.«
»Was soll ich tun? Er läuft mir nach.«
»Man sollte ihn totschlagen.«
»Sie hatten doch früher auch einen Hund?«
»Mais oui, Micky. Ein lieber Kerl.«
»Haben Sie das Halsband weggeworfen?«
»Mais non, dort hängt es.«
Sie zeigte auf einen Nagel in einem Deckenbalken, an dem ein Hundehalsband hing.
»Sie können es haben. Aber es wird nichts nützen. Er wird sich freibeißen.«
In der Küche öffnete er den Schrank und zählte die Büchsen mit Teigwaren. Es waren über zwanzig. Die würden lange reichen, auch wenn Kaspar mitfraß. Er nahm eine mit Cannelloni, öffnete sie und machte sie in der Pfanne heiß. Dann raffelte er ein Stück harten Käse und streute ihn darüber. Er aß mit Vergnügen. Er holte aus dem Eisschrank die noch halbvolle Flasche Riesling, ging hinaus und setzte sich auf die Bank unter dem Küchenfenster.
Was er sah, gefiel ihm überaus gut. Die magere Wiese, die nach dem ersten Schnitt nur schwach nachgewachsen war. Ein paar zarte Farbtupfer drin, gelb, lila und weiß, Blumen, die er von Kindheit an kannte. Er schaute in den Himmel hinauf, ob schon ein Stern zu sehen war. Ein Jet leuchtete dort oben, ein fremdes Blitzen, stumm und geheimnisvoll. Der flog wohl nach Paris zum Flughafen Charles de Gaulle, an Bord müde Geschäftsleute. Bald würden sie landen, sich in ein Taxi setzen und, nach einer halben Stunde im Stau, ihre liebe Frau küssen. Oder auch nicht. Denn wer hatte heutzutage noch eine liebe Frau zu Hause.
Die Fortsetzung folgt morgen. Du findest sämtliche Kapitel hier im Kanal: 20min.ch/diogenes
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Teilnameschluss: 19. April 2020